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Dienstag, 16. Juli 2013

Salute Venezia!

Ernüchterung und Entsetzen - das sind die ersten Worte, die mir nach dieser erschütternden Doku "Das Venedig-Prinzip" in den Sinn kommen. Die Bilder und die Geschichten von Venezianern, die in der Serenissima leben, sind nahegehend und lassen nicht kalt.

Die Zahlen schockierend. 2030 ist die Stadt leer! So die Annahme. Von den 58.000 Menschen, die aktuell noch zwischen den Kanälen leben ... wenn man bedenkt, dass es vor gut 20 Jahren noch 200.000 waren. Ja, die Stadt steht zum Ausverkauf, summer sale ala venice?

Stellen Sie sich mal vor: Wien, Stephansplatz, der erste Bezirk speziell - nachts eine Geisterstadt. Tagsüber strömen die Touristen umher. Zugegeben, das ist jetzt teils auch schon so, weil es ja viele Geschäftsviertel sind, touristische Einrichtungen, die abends ihre Pforten schließen.

Oder Köln, Hamburg - wie erginge es Ihnen bei der Vorstellung, dass Sie aus Ihren gewohnten vier Wänden ausziehen müssen, weil die Miete um das 3-4 fache gestiegen ist und Sie es sich nicht leisten können, zu bleiben? Die Regierung sieht tatenlos zu. Forciert scheinbar an vielen Ecken und Enden diese Entwicklung, Hauptsache, die Lire - sorry, der Euro - rollt ...

Die nette alte Dame aus dem Film geht nachts um zwei Uhr auf die Piazza San Marco, weil dann keine _barbari_ unterwegs sind.

Was mich am meisten schockt, ist der Verfall der Palazzi und die bewusst falsche Sanierung dieser alten Schmuckkästchen. Da kamen mir - bitte nicht lachen - ehrlich gesagt beinahe die Tränen. Wenn man einmal einen solchen Palazzo mit eigenen Augen gesehen hat, Einblicke bekommen hat in eine jahrhundertalte Tradition und Bauweise, in das Herz der Geschichte Venedigs - die Stadt kämpft gegen das Hochwasser, gegen die Umweltverschmutzung und alles, was dafür getan wird, boykottieren andere oder steigern die Tendenz dieser schrecklichen Entwicklung noch! Siehe Kreuzschifffahrt. Man überlege andere Anlegeplätze! Leute, diese STADT ist dafür nie gebaut worden! Wäre der Kölner Dom oder unser Stephansdom in Gefahr, weil tausende Schritte Tag für Tag die Einsturzgefahr steigen lassen - na hallo! Großräumig gesperrt und die Touristen können sich doch gern eine Postkarte vom Steffl kaufen. Macht 1,50 Euro, die Dame!

Ihr wollt nach Venedig - mit einer Kreuzfahrt - kein Problem! Die italienische Tourismusflagge ist gehisst, egal, ob die Lungenkrebsrate hier am höchsten ist. SIE leben ja nicht hier und die restlichen 58.000 Venezianer ja auch bald nicht mehr!

Am liebsten würde ich meine Koffer packen, nach Venedig fahren und echt Randale machen. Die Verantwortlichen wachrütteln und zur Rede stellen, wie sie mit solchen Opfern und Konsequenzen noch !? Alles, um den Traum von Venedig nicht zu zerstören.

Vorsicht - Romeo und Julia liebten sich NICHT in Verona, heißt es. Die heiße, aber bekannterweise unglücklich endende Liebe spielte sich im wunderschönen Siena ab! Hauptsache, die Touristen kommen weiter busweise angekarrt, um einmal unter dem Balkon zu stehen und nach Julia zu rufen!

Ich krieg mich heute nicht so leicht ein, wie Sie merken - es tut mir Leid. Ich wusste von einigen Punkten, aber so drastisch hatte ich mir das nicht ausgemalt. Vielleicht auch, weil ich mir mein heiles Bild von Venedig, das ich zuletzt mit meiner Mutter besucht hatte, als sie noch lebte, nicht zerstören möchte? Vielleicht will ich es auch nicht wahrhaben, nicht mitverantwortlich dafür sein und nicht auch zwischen den 21 Millionen (!!) Touristen im Jahr inkludiert sein. Sie bringen Geld, ja, aber nicht mehr viele Venezianer finden damit auch soviel Arbeit, dass sie in ihrer Heimatstadt bleiben können.

Wie sagte einer in der Doku? Hier legen mehr Schiffe an als in New York! Denken Sie jetzt mal an die doch große Stadt und jetzt an das kleine Venedig? Der Vergleich hinkt ein wenig.

Ciao Venezia! Das sage ich zum Abschied leise, wenn ich dort bin und die Stadt mit anderen Augen betrachten werde. Und dennoch werde ich in kürzester Zeit in meine Romanwelten abtauchen und mir die Serenissima vorstellen, als das Leben noch heil war. Ja, trotz der Pest, trotz der Krisen, der Bestechungen undundund - all das hat Venedig und ihre Einwohner stark gemacht und dennoch sind sie dem Untergang geweiht.

Ciao Venezia! Vielleicht sollten wir einmal darüber nachdenken, ob Kommerz und Tourismus die Mittel rechtfertigt. Die Erschließung von Gebieten und neuen Interessensbereichen hat auch im 21. Jahrhundert nicht an roher Gewalt in ihrer Durchsetzung verloren.

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